Inklusion Zurück

Inna Shparber: "Hiphop-Festivals sind nicht so mein Ding"

Inna Shparber: "Hiphop-Festivals sind nicht so mein Ding"
Foto: © Sarah Scheiber

Wer gehörlos oder taub ist, hat es oft schwer, an Kulturevents teilzuhaben. Das muss nicht sein, findet Inna Shparber, selbst taub und Performance-Künstlerin. Auf der diesjährigen Pop-Kultur Berlin diskutierte sie mit anderen darüber, wie man Musikfestivals für Gehörlose inklusiver ausrichten kann – und was ihre eigenen Erfahrungen bei solchen Events sind. Ein Gespräch über offene Ohren und tiefe Bässe.

 

INTERVIEW  Boris Messing    

 

CCB Magazin: Hallo Inna, du bist Performance-Künstlerin und taub. Wie oft bist du auf Musikfestivals unterwegs? Was waren deine bisherigen Erfahrungen damit?  

Inna Shparber: Das variiert je nach Jahr. Ich würde aber sagen, dass ich mindestens ein bis zwei Mal im Jahr auf Musikfestivals bin. Entscheidend für mich ist natürlich das jeweilige Musikgenre. So bin ich ausschließlich auf Goa-Festivals unterwegs. Hiphop-Festivals sind beispielsweise nicht so mein Ding. Auf Festivals genieße ich vor allem den Bass, der am ganzen Körper zu spüren ist, und die laute Musik. Es ist immer sehr lustig, dass viele hörende Menschen überrascht sind, auf dem Festival auf eine Taube zu treffen. 

CCB Magazin:Auf der diesjährigen Pop-Kultur hast du an einem Panel zum Thema Inklusion – namentlich für taube und gehörlose Menschen – auf Festivals teilgenommen. Das heißt, du fühlst dich als tauber Mensch prinzipiell nicht von Festivals ausgeschlossen? Gibt es also gar keine Probleme?

Inna Shparber:Ausgeschlossen fühle ich mich zum Beispiel bei Yoga-Workshops oder Ähnlichem. Solche Angebote sind für taube Menschen aufgrund der Sprache nicht zugänglich. Das finde ich dann immer schade. Diese sprachlichen Barrieren sind auch der Grund, weshalb ich nicht auf Hiphop-Festivals gehe. In dieser Musik spielen Songtexte eine essentielle Rolle, und die kommen bei mir nicht an. Wenn mehr Festivals jedoch Deaf Performances organisieren würden, dann wäre ich da gerne dabei! 

CCB Magazin:Wie sieht für dich die optimale Infrastruktur für gehörlose oder taube Menschen auf einem Musikfestival aus? Wie lässt sich diese Community besser einbinden?

Inna Shparber:Wenn ich an eine optimale Infrastruktur denke, fallen mir dazu ganz bestimmte Punkte ein, auf die ich bei Musikfestivals oft stoße. Das sind vor allem Notfallsituationen, in denen keine Informationen in Gebärdensprache bereitgestellt werden. Ebenso wäre es wichtig, wenn am Info-Point von Festivals oder auch ganz allgemein Dolmetschende oder gebärdensprachkompetente Menschen arbeiten würden. So könnten Angebote, z.B. Yoga-Kurse, auch für taube Menschen zugänglich gemacht werden.

Auf Festivals genieße ich vor allem den Bass, der am ganzen Körper zu spüren ist, und die laute Musik. Es ist immer sehr lustig, dass viele hörende Menschen überrascht sind, auf dem Festival auf eine Taube zu treffen

CCB Magazin:Woran hakt es deiner Meinung nach bisher am meisten, um diese Infrastruktur umzusetzen?

Inna Shparber:Es sind verschiedene Dinge, die zusammenkommen. Einerseits fehlt es an Wissen, sodass in der Festivalorganisation die Bedarfe und Wünsche einzelner Zielgruppen, so auch tauber Menschen, oft nicht mitgedacht werden. Obwohl immer mehr Aufklärungsarbeit geleistet wird, braucht es da noch viel Zeit. Nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang auch die Frage nach Finanzierungsmitteln zu berücksichtigen. Oft gibt es keine Finanzierungsmittel.

CCB Magazin:Können sich auch neue Möglichkeiten für Veranstaltende ergeben durch eine bessere Inklusion gehörloser Menschen?

Inna Shparber:Ich bin der Meinung, dass durch die Inklusion alle profitieren, und damit beziehe ich mich nicht nur auf die Inklusion tauber Menschen. 

CCB Magazin:In Deutschland leben rund 80.000 gehörlose Menschen. Gibt es Zahlen dazu, wie viele davon auf Festivals gehen?

Inna Shparber:Ich habe sie nicht gezählt, das kann ich also nicht beantworten. Bei dieser Frage will ich aber anmerken, dass ebenso wie bei hörenden Menschen taube Menschen einen individuellen Musikgeschmack haben. Es kommt durchaus schon mal vor, dass Gruppen von tauben Menschen gemeinsam auf Festivals gehen. Ich habe neulich von einem Festival in Frankreich erfahren, auf dem 80 taube Menschen waren. Dort gab es sogar eine Servicestelle für sie, was natürlich ein super Angebot ist. 

CCB Magazin:Wie kann man die Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen bzw. Tauben verbessern? Wie bringt man diese in der Praxis doch oft getrennte Gemeinschaften zusammen?

Inna Shparber:Ich glaube, dass es wichtig ist, Begegnungen zu schaffen und verschiedene Wege der Kommunikation zu ermöglichen. Wenn mehr hörende Menschen Gebärdensprache lernen würden, würde das schon vieles erleichtern. 

CCB Magazin:Zum Schluss: In welcher Weise beeinflusst deine Gehörlosigkeit deine Performance-Kunst?

Inna Shparber:Natürlich beeinflusst meine Taubheit meine Performance-Kunst, aber ich denke, dass dies mit hörenden Menschen, die lautsprachlich performen bzw. singen, vergleichbar ist. Ich nutze in meiner Kunst Gebärdensprache und verschiedene gebärdensprachliche Kunstformen. 

Rubrik: Innovation & Vision

rss

Schon gelesen?

schließen
schließen

Cookie-Richtlinie

Wir verwenden Cookies, um dir ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmst du dem zu. Unter „Ablehnen oder Einstellungen“ kannst du die Einstellungen ändern oder die Verarbeitungen ablehnen. Du kannst die Cookie-Einstellungen jederzeit im Footer erneut aufrufen.
Datenschutzerklärung | Impressum

Cookie-Richtlinie

Wir verwenden Cookies, um dir ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmst du dem zu. Unter „Ablehnen oder Einstellungen“ kannst du die Einstellungen ändern oder die Verarbeitungen ablehnen. Du kannst die Cookie-Einstellungen jederzeit im Footer erneut aufrufen.
Datenschutzerklärung | Impressum