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Wolfgang Stüßel: „Wir wollten Kontinuität gewährleisten“

Wolfgang Stüßel: „Wir wollten Kontinuität gewährleisten“
Foto: © Theater Strahl

In unserer neuen Reihe „Wie bist du in Form“ fragen wir, welche Rechtsformen für Kreativschaffende die richtigen sind: GbR, GmbH, gGmbH oder alles zusammen? Wie organisiert man sich? Welche Vorteile bringt die eine oder andere Rechtsform? Wolfgang Stüßel ist das letztverbliebene Gründungsmitglied vom Theater Strahl, das sich seit 1987 in der freien Theaterszene in Berlin etabliert hat. 2011 wechselte das Theater vom Verein zur gGmbH. Wir wollten von ihm wissen: wieso der Wechsel? Was hat sich seitdem verändert?  
 

INTERVIEW  Boris Messing

 

CCB Magazin:Hallo Wolfgang. Das Theater Strahl gibt es als freie Theatergruppe seit 1987. Ihr habt euch zuerst als Verein organisiert und 2011 anschließend zu einer gemeinnützigen GmbH gewandelt. Wie kam es dazu? 

Wolfgang Stüßel:Wir haben uns für diesen Schritt auf Ratschlag des Senats entschieden, der uns damals sagte, dass die finanziellen Dimensionen, in denen wir uns bewegen, ungünstig für die Rechtskonstruktion eines Vereins seien. Der Verein hat den Nachteil, dass der Vorstand bzw. die Geschäftsführung für alles haftbar ist, was finanziell schief gehen kann. Und da wir damals einen Jahresetat von 600.000 bis 700.000 Euro hatten, hätte ein Fehler privat sehr kostspielig werden, wenn nicht gar den privaten Ruin bedeuten können, da wir als Vorstand ja dann alle für die Schäden hätten aufkommen müssen. Mit der gGmbH haften die Gesellschafter aber nur mit ihren Anteilen, die sie einlegt haben, das sind in unserem Fall 6000 Euro pro Person. Das ist die Mindestsumme, die man einbringen muss.  

CCB Magazin:Also, die begrenzte Haftung durch die gGmbH war der wesentliche Grund für euren Wechsel.

Wolfgang Stüßel:Genau. Ein anderer Grund war aber auch, dass die Gesellschafter der gGmbH für eine gewisse Kontinuität gesorgt haben. Uns gibt es ja seit 1987, dementsprechend ist unsere Mitarbeiterstruktur auch ziemlich gefestigt. Die Rechtskonstruktion des Vereins hätte auf längere Sicht bedeutet, dass neue Mitglieder mal eben so fest verankerte Strukturen hätten verändern können, was die Stabilität und Kontinuität des ganzen Unternehmens in Gefahr gebracht hätte. Beim Verein bestimmt ja immer die Mitgliederversammlung über Personalfragen. Wir wollten aber unsere fest verankerte Expertise, die die Leute beim Theater Strahl entwickelt haben, nicht durch irgendwelche neuen Mitglieder aufs Spiel setzen. Das war auch für den Senat wichtig, kontinuierliche und verlässliche Ansprechpartner zu haben. Wir bewegen uns schließlich auch in Förderdimensionen, die eine Projektförderung übersteigen, Kontinuität und Stabilität usw. sind da sehr wichtig und entscheidend. 

Da wir seit 1987 kontinuierlich gewachsen sind, hat der Wechsel vom Verein zur gGmbH Sinn für uns gemacht, um die Haftung zu reduzieren und die Kontinuität zu gewährleisten

CCB Magazin:Und was ist das Gemeinnütze am Theater? Macht es einen Unterschied, ob man ein gemeinnütziger Verein oder eine gemeinnützige GmbH ist?

Wolfgang Stüßel:Nein, das macht an sich keinen Unterschied. Auch als gGmbH müssen wir die gleichen Bedingungen wie ein gemeinnütziger Verein erfüllen. Das heißt in erster Linie, dass wir mit unserem kulturellen Angebot keinen Gewinn erzielen dürfen. Alle Einnahmen fließen in den Theaterbetrieb. Das müssen wir auch nachweisen. Als wir noch ein Verein waren, war das ganz ähnlich rechtlich gesehen, auch da durften wir keine Gewinne erzielen oder nach Gewinnmaximierung streben.  

CCB Magazin:Hat sich denn hinsichtlich von Spenden und ihrer Versteuerung etwas geändert? 

Wolfgang Stüßel:Nein. Wir können und konnten eine Spendenbescheinigung sowohl als Verein als auch als gGmbH ausstellen. Das ist rechtlich gleich.

CCB Magazin:Aber hinsichtlich eurer Mitarbeiterstruktur hat sich doch sicherlich etwas geändert, oder? Zum Beispiel an den Festanstellungen. 

Wolfgang Stüßel:Nein. Oder ich sage es mal so: bis auf die Tatsache, dass wir über die Jahre gewachsen sind und mehr Mitarbeiter*innen haben, hat sich nichts geändert. Am Anfang waren wir halt nur zu viert, dann ist die Infrastruktur allmählich gewachsen, aber all das hat keine Änderungen erzwungen durch den Wechsel vom Verein zur gGmbH. Auch im Verein hatten wir schon eine Geschäftsführung. Nur die Frage der Haftung stand eben im Raum mit dem Größerwerden unseres Theaters.

Ob Verein oder gGmbH – das ist egal, was die Fördertöpfe anbelangt. Ohne den Status der Gemeinnützigkeit allerdings fielen einige Fördertöpfe weg

CCB Magazin:Ihr seid Teil der Freien Szene, die in der Regel auf öffentliche Förderung angewiesen ist. Gibt es Fördertöpfe, auf die ihr euch aufgrund eures Wechsels nicht mehr bewerben könnt? Und/oder gibt es Finanzquellen, die sich gerade erst dadurch auftun? 

Wolfgang Stüßel:Ehrlich gesagt, gibt es da keinen Unterschied. Ich wüsste im Moment keinen. Ich denke, anders wäre es nur, wenn wir nicht gemeinnützig wären. Aber ob Verein oder gGmbH – das ist egal, was die Fördertöpfe anbelangt. Ohne den Status der Gemeinnützigkeit allerdings fielen einige Fördertöpfe weg.

CCB Magazin:Wenn ihr anderen einen Tipp geben würdet: Welchen Projekten würdet ihr einen solchen Weg wie euren empfehlen, unter welchen Umständen würdet ihr abraten? 

Wolfgang Stüßel:Die Umwandlung war leicht insofern, dass es uns die Beratung des Senats einfach gemacht hat, diesen Schritt zu gehen. Diese Empfehlung hat uns sehr geholfen. Aber da jemandem was prinzipiell zu raten, ist schwer, da es immer auf die jeweilige Situation und Konstellation ankommt. Da wir seit 1987 kontinuierlich gewachsen sind, hat der Wechsel vom Verein zur gGmbH Sinn für uns gemacht, um die Haftung zu reduzieren und die Kontinuität zu gewährleisten. Da ist zum Beispiel auch die Frage des Generationenwechsels in der Geschäftsführung des Theaters. Ich bin das letzte Gründungsmitglied, das im Theater Strahl noch aktiv ist. Hierbei ist wichtig, wie das Zepter weitergegeben wird. Das haben wir alles gemeinsam besprochen und geregelt. Dieser ganze Generationswechselprozess war viel einfacher in Form einer gGmbH. Aber ich kann mir vorstellen, dass das bei einem Verein mit nur wenigen Mitgliedern ganz anders ist. Oder, wenn es noch weniger sind, sich als GbR zu organisieren. Da muss man immer auf den Einzelfall der Institution schauen. Und die Frage ist auch immer: wo will man langfristig hin. Sprich: welcher Deckel passt auf den Topf, den man gerade hat.

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