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Nachgefragt bei Jack Wolf: Auf den Spuren der neuen Seidenstraße - von Hamburg bis China und zurück

Nachgefragt bei Jack Wolf: Auf den Spuren der neuen Seidenstraße - von Hamburg bis China und zurück
Foto: Jack Wolf

Route unbekannt. Das einzige, was der Künstler Jack Wolf wusste: Diese Gleise führen von Hamburg bis nach China. Der Medienkünstler Jack Wolf und sein Künstlerfreund Paul Kolling hatten Großes vor. Sie waren auf Recherchereise, in der sie die Gleisstrecke von Hamburg nach China dokumentierten. Jack erzählt uns von der Projektplanung bis hin zur drastischen Flucht vor Covid-19 in China und wie ihm der Kulturförderpunkt in Sachen Projektförderungssuche und Bewerbungen zur Seite stehen konnte.

 

Kreativ Kultur Berlin: Hallo Jack, stell dich doch bitte mal vor. Wer bist du und was machst du?


Jack Wolf: Ich bin Jack Wolf, ich arbeite hauptsächlich mit Film- und Medienkunst und lebe jetzt seit knapp acht Jahren in Berlin. Eigentlich bin ich Künstler, aber auch Forscher, der sich mit technologischen Verfahren auseinandersetzt. Ursprünglich komme ich aus England. Genauer gesagt habe ich in London und Brighton gelebt.


Kreativ Kultur Berlin: Dein aktuelles Rechercheprojekt war mit einer langen Reise nach China und zurück verbunden. Erzähl uns doch bitte etwas über dieses Projekt.


Jack Wolf: Es ging um eine sehr aufwendige, lange Recherchereise, die 2019 vom Goethe Institut und der Hamburger Kulturbehörde unterstützt wurde. Mittels eines maßangefertigten GPS-Gerätes, durch Infrastrukturdatensätze und Satellitenbilddatenbanken gelang es uns die Züge zu verfolgen, die über eine nordeurasische Landbrücke verkehren. Diese Landbrücke ist eine Schienenstrecke für den Güterverkehr, die Europa und China verbindet, sie wird auch die neue Seidenstraße genannt. Die genaue Route ist aber unbekannt. Denn es gibt kaum Anhaltspunkte, wo genau die Schienen von China, über Russland, Kasachstan und schlussendlich bis nach Europa verlaufen. Über das GPS-Gerät haben wir dieses Netz dann erstmals rekonstruiert, das Gerät hat für uns eine Firma aus Shenzhen entwickelt. Unsere Forschungsentwicklung wollten wir technisch, aber auch künstlerisch dokumentieren und haben alles mit Film- und Fotoaufnahmen festgehalten.

Installationsansicht. Foto: Stephan Baumann


Kreativ Kultur Berlin: Also geht es bei dem Rechercheprojekt ausschließlich um die Zugstrecke?


Jack Wolf: Nein, das Thema ist viel tiefgründiger. Es geht um weit mehr als nur um eine unbekannte Schienenstrecke. Mit ihr verbinden wir Themen, wie China als wirtschaftliche Großmacht dasteht oder die Gründe und Probleme eines riesigen Infrastrukturprojektes. Es geht um Macht und Gegenmacht, um ein komplexes Thema, das eine solche Brücke nur spiegelt, und das wir über Forschung und Kunst verbinden.


Kreativ Kultur Berlin: Welche Höhen und Tiefen gab es auf eurer Reise? Was waren die größten Hürden des Projekts?


Jack Wolf:Zunächst war es ein großartiges Erlebnis, Land und Leute kennenzulernen. Von der Ostküste bis zu Kasachstans Hauptstadt Astana wurden wir sehr herzlich empfangen. Ich kam auch mit anderen Künstlern in Kontakt und besuchte Kunstinstitutionen. Ich denke, die größte Hürde war dann die Reise selbst. Man muss sich vorstellen, dass wir China, Kasachstan und eine Menge Gebirge durchstreiften. Dazu kam unsere frühzeitige Ausreise aus Hong Kong, nachdem die ersten Covid-19-Fälle auftraten. Wir waren überglücklich das Privileg zu haben, schnell wieder nach Europa zu können. Leider hielt die Freude nicht lange an, denn wie bekannt ist, verbreitete sich Corona zwei oder drei Wochen später in Europa und über die gesamte Welt.


Kreativ Kultur Berlin: Du warst vor der Reise bei uns in der Beratung im Kulturförderpunkt. Mit welchen Fragen bist du zu uns gekommen?


Jack Wolf:Mir ging es primär um die Finanzierung und Möglichkeiten der Vernetzung. Zu Beginn haben wir erstmal über die groben Strukturen des Projektes gesprochen. Unter anderem ging es um den Kosten- und Finanzierungsplan, also um die Frage, wie viel Geld wir benötigen und woher wir das bekommen. Daraufhin haben wir uns um die Förderanträge gekümmert. Die sind ja immer sehr abstrakt gestaltet. Man weiß nie genau wer das liest. Ich hatte dazu eine Menge Fragen: Wie ausführlich soll ich mein Vorhaben darstellen? In welchem Ton soll ich das Ganze verfassen? Wie viel technisches muss ich erklären, damit es für andere verständlich wird? Grundlegend zeigte der Kulturförderpunkt mir einige Stiftungen und Förderprogramme, wie beispielsweise welche vom Goethe Institut, die ich noch nicht kannte und wo ich mich sonst überall bewerben kann.
 

Kreativ Kultur Berlin:Was nahmst du von der Beratung mit?


Jack Wolf:Ich erhielt ein optimistisches Feedback zu meinem Vorhaben, um die Forschung durchzuführen. Das bestärkte mich weiterzumachen. Es half mir einfach, jemanden außenstehendes zu haben, der kein enger Freund ist und fachkundig nochmal über die Bewerbungen schaut. Andrzej rief mich sogar zu einer ausstehenden Frage zurück, das war sehr hilfreich. Ich hatte das Gefühl, einfach jemanden an meiner Seite zu haben, der mir bei Problemen und Unsicherheiten helfen kann. Meine Muttersprache ist zum Beispiel nicht Deutsch, daher fällt es mir manchmal schwer, das Behördendeutsch zu verstehen.


Kreativ Kultur Berlin:Inwiefern nützte dir die Beratung hinsichtlich Kontakte und Netzwerke im Ausland?


Jack Wolf:Der Kulturförderpunkt half mir hier sehr. Neben finanziellen Fragen konnte ich mein Netzwerk in Asien erweitern. Besonders in China war der Kontakt zu dem Webportal china residencies von Vorteil.


Kreativ Kultur Berlin:Wie genau hast du dein Projekt im Anschluss finanziert? 


Jack Wolf:Wir finanzierten die Reise über Projektförderungen. Auf zwei Bewerbungen erhielten wir positive Rückmeldungen, vom Goethe Institut zum einen, von der Hamburger Kulturbehörde zum anderen - Hamburg, weil mein Begleiter Paul Kolling Künstler in Hamburg ist und die rätselhafte Zugverbindung, die wir dokumentierten, in der Hansestadt endet. Ich muss aber sagen, dass sich ein solches Projekt nur schwer mit den momentanen Fördermöglichkeiten umsetzten lässt. Es ist immer noch ziemlich schwierig, eine Unterstützung für ein künstlerisches Projekt zu erhalten, dass auf Forschung ausgerichtet ist. Zusammen mit Andrzej gelang es uns aber, die Idee des großen Ganzen aufzubrechen und die Teile davon in bestimmte finanzierbare Pakete zu ordnen. Zu den Projektförderungen investierten wir auch eigenes Geld, unabhängig von der Zeit und Energie, die man ebenso aufbringen muss.


Kreativ Kultur Berlin:Wenn du jemandem einen Tipp geben müsstest, der auch ein solches Projekt umsetzen möchte, welcher wäre das? Welche Fehler sollte man vermeiden?


Jack Wolf:Ich würde jedem raten sich lieber zu viel, als zu wenig zu bewerben. Ich habe auch erlebt, dass ich nie die gesamte, mögliche Fördersumme erhalten habe. Also, es ist wichtig, sich nicht nur auf eine Förderungsart zu verlassen. Hilfreich oder vielleicht sogar notwendig ist es auch, eigene Gelder zu haben, die man investieren kann. Neben dem Finanziellen würde ich jedem auch raten ein breites, internationales Netzwerk aufzubauen. Uns halfen zum Beispiel die Kontakte zu chinesischen Logistikunternehmen bei der Verfolgung des Zugverkehres ungemein.

Fotofilm im Detail. Foto: Stephan Baumann
 


Kreativ Kultur Berlin:Wo wird das Ergebnis deines Projektes zu sehen sein?


Jack Wolf:Wir werden unsere Erkenntnisse und Bilder der Recherchereise auf verschiedene Weisen teilen. Wir möchten eine Installation mit einigen Bilder ausstellen, ein Buch soll auch entstehen. Aktuell arbeite ich noch an einem Kurzfilm.


Kreativ Kultur Berlin:Wie geht es weiter? Wird es in Zukunft weitere solcher Projekte geben?


Jack Wolf:Momentan ist ja noch alles sehr unsicher. Coronabedingt weiß ich nicht, wie die Kulturlandschaft sich verändern wird. Was ich sicher sagen kann ist, dass ich mich weiter mit digitalen und medialen Dingen beschäftigen werde.

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