Oberschöneweide entwickelt sich immer mehr zum Ort für Kreativschaffende. Darum halte ich einen meiner Sprechtage dort ab: im BETT Coworking. Jens Thomas von Creative City Berlin hat mich begleitet und berichtet.
Oberschöneweide ist oberweideschön. Und in Oberschöneweide gibt es wichtige Sprechtage für Kreativschaffende – von Melanie Seifart. Seit Anfang Januar arbeitet Melanie Seifart bei Kulturprojekte Berlin. Seitdem leitet sie die Kreativwirtschaftsberatung Berlin und hält Sprechtage in der ganzen Stadt ab - diesmal war sie im BETT Coworking in Oberschöneweide. In Teil zwei unserer Reihe "Unterwegs mit Melanie" haben wir sie begleitet und berichten vor Ort.
Die Blumen wachsen im Hof in der Wilhelminenhofstraße 19. Hortensien klappen ihre Blüten auf, daneben steht ein Birnbau, im Hinterhof essen die Besucher Pflaumen. Es ist der 30. Mai. Wir sind im BETT Coworking, in nicht irgendeinem Coworking Space der Stadt, es ist die entrale Anlaufstelle für Kreativschaffende in Oberschöneweide. Belebt ist es hier, urig, gemütlich. Über den Rasen krabbelt ein Kind, in einer Ecke steht ein Stuhl, in einer anderen Ecke wälzt sich die dicke Hauskatze im Gras - das Haus ist ein kleines Backsteingebäude, über dem Eingang ziert der Schriftzug BETT Coworking die Fassade. Überall sitzen Menschen und machen irgendwas: sie kümmern sich um den Garten, andere um ihre berufliche Laufbahn. Melanie Seifart hält hier einen Sprechtag ab. Sie informiert Selbständige in der Kreativwirtschaft über Förderstrukturen und Gründungsvorhaben. Eingeplant sind an diesem Tage vier Termine. Eine Beratung dauert zirka eine Stunde.
Melanie legt gleich los: „In Oberschöneweide siedeln sich immer mehr Kreativschaffende an. Viele wissen aber wenig über Finanzierungsmöglichkeiten, Unterstützungsstrukturen und Ansprechpartner in den Verwaltungen“, gibt sie zu verstehen. Mehr als 600 Unternehmen und Vertreter der kreativen Branchen sind mittlerweile vor Ort. Gleich gegenüber sitzt Kaos Berlin, auch ein Coworking Space und genauso wie BETT Coworking Anlaufstelle für kreative Schöneweider im Bezirk. Ein paar hundert Meter weiter baut Bryan Adams gerade ein Kulturzentrum auf, oder zumindest plant er das seit Jahren. Und seit Jahren sind hier alle genervt von diesem Thema.
In Oberschöneweide siedeln sich immer mehr Kreativschaffende an. Viele wissen aber wenig über Finanzierungsmöglichkeiten, Unterstützungsstrukturen und Ansprechpartner in den Verwaltungen
Es ist jetzt 10 Uhr, Melanie Seifart betritt den Innenhof. Delia Fröhlich kommt ihr entgegen, sie ist eine von fünf Betreiberinnen des BETT Coworking, eine Frau mit wuscheligem Haar und voller Tatendrang. Sie lebt und arbeitet dort. Delia nimmt Platz auf dem "Bett" im Hof und erzählt. „Das Besondere am BETT Coworking ist, dass wir ein Wohn- und Arbeitskonzept in einem sind. Das macht den Ort sehr familiär und führt zu einer guten Arbeitsatmosphäre“. Im Dachgeschoss und ersten Stock wohnt man, der Rest des Hauses ist zum Coworken gemacht. Alles wirkt hier wie in einer großen WG, nur dass akribisch gearbeitet wird. 17 Leute sind hier zugegen. Täglich sind es um die sieben. Ein paar sind Dauermieter, die anderen wechseln alle paar Monate.
Melanie Seifart bereitet die erste Beratung vor, an diesem Tage an einem ganz besonderen Ort: im Allorten.net, den sie "Otto" nennen. Otto ist eine Box zum Mitnehmen, Verschieben und Transportieren – und ein Projekt von Bastian Braun und Felix Westphal, beide Studierende der FH Potsdam mit Schwerpunkt Interface und Produktdesign. Felix Westphal will heute in die Beratung. Er sagt: „Otto soll ein Experimentierraum sein. Es soll eine Anregung zur Frage sein, wie wir künftig wohnen wollen und können“. Und: Wie kann man so etwas vermarkten? Derzeit wird an Otto noch herumexperimentiert. „Otto ist eine richtige Schlampe, der ist für alle zu haben“, kontert Delia. Und während wir so reden, kommt ein Mann vom Dach und ich frage ihn, wo er denn plötzlich herkommt. „Ich hab heute auf dem Dach geschlafen“. Der Mann heißt ebenfalls Felix und ist einer der Bewohner und Betreiber von BETT Coworking. Felix wollte wissen: Wie lebt es sich in und auf so einer Box? „Gut“ sagt er.
Jetzt fangen die Beratungen an. Der erste, Felix Westphal, ist schnell durch, der zweite, Florian Unruh, ein Mann mit Kappe und vielen Fragen, kommt mit vielen Fragezeichen aus dem Häuschen. Florian baut gerade mit seinem Kollegen Konstantin Zander VocalCenter.Berlin auf, eine Art Gesangs-Trainings-Center für Sänger jedweder Ausrichtung. „Wir sehen in diesem Bereich großen Bedarf“, unterstreicht er. „Viele fangen das Singen einfach ohne Kenntnisse an, das kann die Stimme ruinieren“. Er als Coach würde darum Stimmtraining für Sänger anbieten, um "sie optimal auf Touren, Produktionen und andere stimmlich fordernde Projekte vorzubereiten". Er fügt hinzu: "Für uns ist Singen eine Sportart!". Florian kommt aus Bielefeld, hat in den Niederlanden Musik studiert und ist seit anderthalb Jahren in Berlin. Zuvor war er schon mal in Melanies Beratung. Aktuell hat er weiteren Beratungsbedarf. „Mir geht es darum, eine Übersicht über Netzwerke in Berlin zu bekommen. Ich will herauszufinden, in welcher Form sich unser Vorhaben lohnt“.
Wenn du es schaffst, auch die Professionellen zu erreichen, dann sehe ich einen Markt, den Du bedienen kannst
Darum geht Melanie geht mit Florian Wege und Möglichkeiten durch, sie zeigt ihm aber auch Grenzen auf. „Der Markt ist hart umkämpft. Wichtig ist, ein klares Konzept zu haben“. Florian weiß das und fügt hinzu: „Wir wollen zeigen, wie du deine Stimme verbessern kannst“. Die Webseite steht bereits, der Rest ist in Planung. In Amerika sei Vocal Coaching schon total verbreitet, in Deutschland nicht. „Den Bedarf gibt es aber“, ist sich Florian sicher. Melanie Seifart fügt hinzu: „Wenn du es schaffst, auch die Professionellen zu erreichen, dann sehe ich einen Markt, den du bedienen kannst“.
Zum Schluss folgen weitere Beratungen. Eine Interior-Designerin bespricht mit Melanie Businesspläne und mögliche Geschäftsmodelle, dann geht der Tag langsam dem Ende entgegen. Melanie ist zufrieden: „Es war intensiv und aufschlussreich“. Sie nennt ihre Sprechtage „For you for Ort“. „Mir geht es darum, vor Ort präsent zu sein und Hilfestellungen zu geben“. Jeder Bezirk habe ganz eigene Strukturen und damit unterschiedlichste Bedarfe. Und gerade Oberschöneweide würde sich entwickeln. Gut, dass Melanie mal hier war - sie wird wiederkommen.
Alle Termine der Kreativwirtschaftsberatung Berlin findet hier: www.creative-city-berlin.de
Profil von BETT Coworking auf CCB: http://www.creative-city-berlin.de/de/network/member/bett/
Alle Coworking Spaces aus Berlin auf Creative City Berlin: www.creative-city-berlin.de
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